Mittwoch, 5. März 2003

Ein Nerz muss es sein

Der Morgen war dem Souvenirkauf und der Stadtbesichtigung gewidmet. Arkadi führte uns unter anderem zu einer jakutischen "Kirche", die in Kürze eröffnet wird. Der Hauptraum war von einem gossen Holzbaum mit Pferde- und Adlerfiguren ausgefüllt. Alle Räume waren achteckig.

Am Nachmittag wurde ich von Asalia abgeholt. Sie half mir beim Kauf einer Pelzmütze. Nerz liegt in Jakutsk bei den Männern schwer im Trend. Wir konzentrierten uns darum auf die Modelle aus diesem Fell. Ohne Asalias Beratung hätte ich es nicht geschafft, mich im grossen Angebot auf dem Pelzmarkt zurechtzufinden. Nach dutzenden von Anproben entschied ich mich für eine Mütze in der Farbrichtung Brillantschwarz. Sie kostete 5100 Rubel, was hier einem Monatslohn entspricht.

Zum Nachtessen trafen wir uns mit allen jakutischen Freunden in einem Restaurant. Bei der Garderobe hatte jeder Kleiderbügel einen Plastiksack, damit man die Pelzmütze verstauen kann. Das Restaurant besass keine eigene Toilette. Man musste jeweils die Kleider in der Garderobe abholen und hinter dem Haus für 3 Rubel die öffentliche Toilette benutzen.

Arkardi schenkte jedem von uns zum Abschied eine Stein, den er auf seinen Reisen gefunden hatte und für uns bemalt hatte.

In den nächsten zwei Tagen kehrten wir via Moskau in den Schweizer Frühling zurück.


Ein spezieller Dank geht an alle Spender für die Schulsachen.

Die Bilder sind von so ziemlich allen Mitgliedern der Crew ausser von mir. Die Karte und die Navigationsdaten sind von Christian Kopp.

Tsüri, 11. Juni 2003
Urs M. Heer

Dienstag, 4. März 2003

Die letzten Geschenke & Indiana-Jones-Flug

Heute verschenkten wir die letzten Geschenke im Schulhaus Nr. 1. Etwa 50 Erstklässler waren versammelt und stellten uns Fragen zu unserer Reise und den Erstklässlern in der Schweiz. Damit war unsere "Mission" abgeschlossen und wir konnten uns auf die Rückreise machen.

Kurz nach drei Uhr hob unsere Antanow 24 von der Jakutskie Avialinii auf dem Flughafen von Sirjanka ab. Früher hatten sie auf dieser Strecke Maschinen ohne Bestuhlung im Einsatz. Das Gepäck lag in der Mitte und man sass auf Segeltuchbänken am Rand. Trotz der Einführung der Bestuhlung auf dieser Linie hätte die Maschine immer noch in jedem Indiana-Jones-Film problemlos eingesetzt werden können.

In Jakutsk war es -22 Grad und es schien, als ob der Frühling ausgebrochen war. Auf der Strasse wimmelte es von Menschen und von den Autos waren die Doppelverglasung verschwunden. An den meisten Gebäuden flatterten Flaggen. Die Vorfreude auf dem 8. März, den Tag der Frau, schien die Stadt wachgerüttelt zu haben. Viele Geschäfte warben mit Sonderrabatten für Güter, die sich Frauen gerne schenken lassen.

Asalia hatte uns zum Nachtessen in ihre Wohnung eingeladen. Es gab gebratenen Fisch, der mit Rogen und Reis gefüllt war. Es folgten noch mehrere Gänge mit Fohlenfleisch, Bulletten mit Reis und Kartoffeln und Glace.


Asalia & Hausi beim Moroschenoje (Glace)

Christian und Michael hatten davon noch nicht genug und vergnügten sich bis morgens um sechs in der Omegabar neben dem Hotel Lena.

Montag, 3. März 2003

Interview & Prost auf Alinghi


Sergej mit Gemahlin

Die Lokalzeitung und das Lokalfernsehen erwarteten uns um 11 Uhr zum Interview. Hausi übersetzte meisterhaft und wir hinterliessen einen guten Eindruck. Christian sorgte etwas für Unruhe, als sein Stuhl unter ihm zusammenkrachte. Die Schulpräsidentin liess es sich nicht nehmen, ihn am Schluss von hinten zu begrabschen.

Michi und Hausi sammelten Material für eine Landwitschafts-Reportage und der Rest sah sich das Dorf individuell etwas genauer an. Im Hafen hat das Eis einige Schiffe losgerissen. Sie liegen nun kreuz und quer im Eis der Jasatschnaja. Lenin steht immer noch unbeeindruckt auf seinem Sockel auf dem Dorfplatz. Wegen des langen Weges sind die Artikel in den Läden ziemlich teuer. Fast alle Güter, die hier verkauft werden, müssen über den gleichen Weg hergebracht werden, den wir zurückgelegt haben.

Paul brachte während dem Mittagessen die erfreuliche Nachricht, dass Alinghi den American’s Cup gewonnen hat. Wieder einmal ein guter Grund, eine Flasche Wodka aufzutun.

Sonntag, 2. März 2003

Der schönste Kindergarten & Ankunft


Im Kindergarten von Ugolnoje

Wasilli war schon früh am Scheiben putzen und Paul verwendete die letzten Eier fürs Frühstück. Deutliche Zeichen, dass sich unsere Fahrt dem Ziel nähert. Doch davor wartete noch der Besuch des Kindergartens von Ugolnoje auf uns. Ich war hier bereits zwei Mal zu Besuch. Für mich ist es der schönste Kindergarten der Welt. Im Kontrast dazu steht der Rest von Ugelnoje. Hier wird hochwertige Kohle im Tagbau gefördert. Diese findet jedoch kaum noch Abnehmer, die sie auch bezahlen können. Die Bevölkerung hat stark abgenommen und die meisten Gebäude sind dem Verfall nahe.

Wir waren etwas zu früh und stoppten zuerst bei der Hängebrücke. Sie führt zu einem Diesel-Elektrokraftwerk und einem ehemaligen Gefangenenlager. Obwohl hier Kohle gefördert wird, verwendet man sie nicht zur Elektrizitätsgewinnung. Der Diesel muss über Tausende von Kilometern auf der Lena, dem Eismeer, der Kolima und auf einem Trasse hergebracht werden.

Punkt 12 fuhren wir beim schönen Kindergarten vor. Obwohl heute Sonntag war, waren die 20 Kindergärter für unsere Geschenke erschienen. Danach fuhren wir zur Schule hinüber und übergaben auch noch den 21 Kindern der ersten drei Klasse die Schulsachen. In der Blütezeit von Ugolnoje gingen hier 660 Kinder zur Schule. Heute sind es noch 82.

Die letzten 60 Kilometer bis nach Sirjanka konnten wir wieder ein Trasse benutzen. Kurz vor drei war die Fahrt zu Ende und wir belegten sämtliche Zimmer im Hotel des Ortes. Hausi zog bei Mechedas ein. Es gab heisses Wasser, das wir zum Duschen und Rasieren nutzten.

Zum Nachtessen trafen wir uns noch einmal mit unseren Fahrern. Wassili brach aber noch während dem Essen auf und machte sich auf den langen Rückweg nach Toplykljutsch.

Start: N 65° 50' 18.5" O 149° 29' 56.9" um 09:20
Ziel: N 65° 44' 15" O 150° 54' 14.7" um 15:08
Distanz: 80.200 km
Fahrzeit: 03h 00’
vø: 27 km/h

Total
Distanz: 1921.700 km
Fahrzeit: 61h 20’
vø: 31 km/h

Samstag, 1. März 2003

Zurück in die Taiga

Der Himmel war bedeckt und die Sonne liess sich nur selten blicken. Vom kleinen Pass ging es hinunter zum Fluss Sibik. Dieser führte uns aus den Momsker Bergen hinaus in die Taiga. Der Wald wurde also langsam immer dichter.

Etwa 15 Kilometer vor Ugolnoje parkten wir die Wachtowkas am Fluss Sirjanka. Der Schnee lag hier viel höher als auf der anderen Seite der Berge. Auf der Suche nach einem WC-Platz bin ich bis zu den Hüften eingesunken.

Start: N 65° 49' 5.5" O 147° 46' 18.8" um 09:45
Ziel: N 65° 50' 18.5" O 149° 29' 56.9" um 16:00
Distanz: 101.300 km
Fahrzeit: 05h 09’
vø: 20 km/h

Freitag, 28. Februar 2003

Berge, so weit das Auge reicht

Der Simnik führte entlang dem Fluss Taltschan. Als wir den Bolschoj Pereval (grosser Pass) erreichten, erklommen wir zu dritt einen kleinen Hügel. Rundum sahen wir nur Berge. Bäume konnten wir nur im nahen Tal erkennen. Derweil baute Urs aus "Sagex-Schnee" eine Wolkenkratzer-Stadt. Zusammen mit Louis durfte ich sie dann zum Einsturz bringen.

Das erste Stück nach dem Pass gingen wir zu Fuss, weil es sehr steil und eisig war. Der Sinmik führte hinunter zum Fluss Molokan und dann hinauf zum Malij Pereval (kleiner Pass). Hausi wollte auch hier einen Hügel erklimmen. Er musste aber alleine gehen, weil es im tiefen Pulverschnee einfach zu mühsam war.


Ein sibirischer Fuhrmann auf dem grossen Pass

Paul zerlegte zwei grosse Lachse und liess sie in der Pfanne brutzeln. Sergej wollte eigentlich eine Ucha (Fischsuppe) machen. Aber die benötigt einen Hühnerfond und gestern haben wir die letzten Poulets gegessen. Der gebratene Fisch war aber auch ganz vorzüglich. Ich weiss auch nicht, warum die Russen den schönsten Lachs immer in die Suppe schnetzeln wollen.

Leider liess uns heute das Nordlicht im Stich.

Start: N 65° 37' 59.6" O 146° 54' 57.1" um 09:55
Ziel: N 65° 49' 5.5" O 147° 46' 18.8" um 15:30
Distanz: 62.500 km
Fahrzeit: 03h 15’
vø: 19 km/h

Donnerstag, 27. Februar 2003

Autogramme

Alexej war die ganze Nacht auf und kochte Suppe. Er hatte das jedoch nicht mit Paul abgesprochen und war ziemlich enttäuscht, weil wir bei ihm eine Buchweizen-Kascha zum Frühstück assen und danach keine Suppe mehr mochten.

Im nahen Dorf Sasyr übergaben wir 38 Kindern der ersten und zweiten Klasse Schulsachen. Die Schülerinnen der elften Klasse wollten Autogramme von uns, als wir das Dorfmuseum besuchten. Die Hälfte des Museums war den Expeditionen auf den Pabeda gewidmet. Es gab auch Exponate von der Iveco-Expeditione, an der Sergej beteiligt war.


Im Schulhaus von Sasir

Sasyr wird vorwiegend von Jakuten bewohnt und machte einen sauberen und geordneten Eindruck. In Orten mit Russen ist das in Sibirien in der Regel nicht der Fall.

Vor der Weiterfahrt servierte uns Alexej noch einen Tee in seinem Haus im Dorf. Schon nach kurzer Fahrt machten wir bei einer Hütte von Rosshirten einen Halt. Diese ist so etwas wie ein Fernfahrer-Treffpunkt. Die Bewohner waren trotz der frühen Stunde schon reichlich betrunken und wir machten uns bald wieder auf den Weg. Später hörten wir noch von einer blutigen Messerstecherei an diesem Ort.

Das Lager schlugen wir auf dem Fluss Taryn am Fusse des Momagebirges auf. Es gab Poulet mit Curryreis. Urs sah diese Nacht für etwa eine Viertelstunde das Nordlicht.

Start: N 65° 8' 35" O 146° 57' 40.8" um 10:00
Ziel: N 65° 37' 59.6" O 146° 54' 57.1" um 16:42
Distanz: 73.900 km
Fahrzeit: 03h 45’
vø: 20 km/h